VERSCHWENDERISCHE LIEBE // Wie Gott meinen Blick auf Mission veränderte
- Doreen Terwesten
- 8. Juli 2020
- 7 Min. Lesezeit
Mein berufliches Leben momentan entspricht wohl nicht dem eines "klassischen" Missionars - zumindest nicht nach meiner Definition. Vielleicht würde ich mich nicht einmal selbst als Missionarin bezeichnen. Aber in meinen insgesamt drei Jahren bei Jugend mit einer Mission wurde mir mit unter immer mehr bewusst, was es mit Jesu Auftrag "raus in die Welt zu gehen" auf sich hat, und wie anders Seine Vorstellung von Mission doch aussieht als meine.
Aber bis zu diesem Verständnis musste Gott mich erst einmal auf eine (gedankliche) Erlebnisreise mit Ihm führen, und vielleicht findest du dich ja in dem einen oder anderen Gedankengang wieder ;-)
Christen, die in irgend einem abgelegenen Dorf in Afrika leben, Tag täglich Menschen evangelisieren und hoffen, abends ein bisschen Brot auf dem Teller zu essen zu haben - Das war wohl so grob meine Vorstellung von einem Missionar, als ich noch klein war.
Glücklicher Weise habe ich über die Jahre gemerkt, dass dieses Bild nicht so ganz der Wahrheit entspricht. Mit den Jahren verstand ich, dass Missionar zu sein nicht bedeuten muss ins Ausland zu gehen, sondern schon in unserer Nachbarschaft anfängt oder in unserer eigenen Familie. Eben dort, wo wir anfangen Menschen zu Nachfolgern Jesu zu machen.
Aber trotzdem hatte ich das Gefühl, ein guter Missionar geht auf die Straße und "bekehrt" Leute. Wie gut du als Missionar also bist zeige sich also in der Anzahl an Leuten die zu Jesus finden.
Sehr offen-lebend war ich als Christ allerdings damals nicht - weder in meinem tagtäglichen Umfeld, noch mit Fremden.
Da ich absolut nicht gerne auf Menschen zugehe oder einfach mit Fremden Leute Gespräche anfange hat mir das "offensive missionieren" (wie ich es damals verstand) große Angst gemacht, und diese Angst nahm ich auch damals ein wenig auf meinen ersten Missionseinsatz nach Südafrika.
Nicht ganz unberechtigt, denn Teil unserer Arbeit damals war auch die "Tür-zu-Tür-Evangelisation" - bedeutet, dass wir tatsächlich einfach bei Leuten geklingelt haben und in ihren Häusern dann von Jesus erzählt haben und für sie gebetet haben. In Afrika war das aber absolut nichts Komisches und die Leute haben sich sehr über die Besuche von uns (als Weiße) gefreut. So schnell wie wir in den Wohnzimmern der kleinen Häuser saßen und anfingen zu erzählen was uns auf dem Herzen lag, so schnell standen wir auch wieder zurück auf der Straße. Denn meistens kam nicht viel an Gespräch zusammen.
Schnell kam also die Frage in mir auf: Bringt das überhaupt was?
Auch wenn wir Leuten auf der Straße oder wo auch immer wir hingingen von Jesus erzählten, hatte ich immer das Gefühl, dass wir zwar für die Leute beten konnten und gute Gespräche hatten, aber innerlich hatte ich manchmal das Gefühl, „es komme nicht wirklich viel bei rum“. Es passieren ja „nicht einmal“ irgendwelche spektakulären Wunder. Und unsere Predigten und Zeugnisse in den Kirchen am Sonntag - haben sie wirklich Einfluss oder sind sie nur so begeistert, weil es eben weiße Europäer sind die sie besuchen?
Ein großer Teil unseres wöchentlichen Zeitplans sah aber auch so aus, dass wir ein Altersheim und Kindergärten besuchten, wo wir hauptsächlich mit den Leuten/ Kindern spielten, redeten und einfach praktische Hilfe leisteten. Und wieder kamen Gedanken auf „Ist das denn genug? Hat das wirklich Einfluss?“
Auch wenn ich definitiv Gottes Wirken auf dem ersten Einsatz gesehen habe und ich sehr dankbar war für die Zeit - so blieb doch eine minimale Enttäuschung in mir, ebenso wie die Frage: „Gott, hätten wir mehr tun müssen? Haben wir unsere Aufgabe erfüllt? Haben wir genügend Menschen von DIR erzählt?
Als ich in meinem zweiten Einsatz während meiner School of Worship dann erfuhr, dass wir nach Spanien und Portugal gehen, muss ich zugeben, dass ich im ersten Moment schon ein wenig enttäuscht war. Ich meine, gehen „richtige“ Missionare, denn nicht irgendwo nach Afrika oder Asien? Irgendwo wo Leute wirklich unsere Hilfe brauchen?
Als wir dann auf Einsatz waren, waren wir alle ein wenig ernüchtert, von unseren Diensten dort. Anders als auf meinem ersten Einsatz, in dem wir täglich von Morgens bis teilweise abends beschäftigt waren und die ganze Zeit auf Tour waren, saßen wir diesmal die meiste der Zeit nur rum. Die Kirchen dort hatten uns immer nett aufgenommen, aber wirkliche Möglichkeiten, etwas zu tun, hatten wir nur alle zwei Tage, und selbst dann war es nur mal ein Lobpreisteil im Gottesdienst hier und eine Predigt halten dort. Um ehrlich zu sein: Der Rest fühlte sich an wie verschwendete Zeit…! Wir müssten doch eigentlich mehr tun?! Warum fliegen wir in ein anderes Land, investieren so viel Zeit, Energie und auch jede Menge Geld(!) in diesen Einsatz , aber es passiert doch gar nichts! Wir reden ja nicht einmal wirklich mit Leuten die Gott noch nicht kennen. Wir sind ja die ganze Zeit nur in der Kirche, wenn wir mal einen Einsatz haben.
Müsste nicht eigentlich ein bisschen mehr bei rum kommen als DAS...?!
Aber Gott ertappte mich und fragte mich: „Doreen, glaubst du wirklich, das hier ist verschwendete Zeit? Glaubst du, das Geld, das du und deine Unterstützer investiert haben, ist verschwendet?“ Und irgendwie gab mir Gott immer mehr seine Perspektive auf unsere Situation:
Ich - Deutsch wie ich bin - lebe in der Einstellung, ich müsse so effektiv wie möglich arbeiten und leben; immer das Beste heraus holen, aus allem was ich hab. Und das Beste, was man aus so viel investierter Zeit und Geld herausholen konnte, war für mich eben so viel wie möglich predigen, von Jesus erzählen, auch mal dienen, und am besten damit so viele Menschen wie möglich erreichen.
Aber Gottes Vorstellung von Effektivität sieht so anders aus! Gott sieht nicht die Massen, er sieht immer das Individuum! Und dieses Individuum ist ihm ALLES wert!!!

Er zeigte uns zum Beispiel, wie viel Einfluss wir hatten auf das Leben der Pastorenfrau aus unserer zweiten Kirche; Manchmal kamen wir einfach nur in die Kirche, weil sie für uns kochen wollte und solange saßen wir (wie so oft) einfach nur rum. Aber ich erinnere mich, wie wir den einen Tag in der Kirche mit ihr ins Gespräch kamen und sie uns ihr komplettes Herz ausgeschüttet hat. Wir haben erfahren, was sie alles erlebte und immer noch tut, welche Last auf ihr und ihrem Mann liegt und wie ausgelaugt sie ist. Durch unser Gebet konnten wir sie so sehr aufbauen. An einigen Tagen haben wir auch einfach mit ihr und ihrer Familie zuhause Abendgegessen und bis in die späte Nacht hinein Karten gespielt, weil es ihr so Spaß gemacht hat.
Ist das das, was ich mir unter Missionar-sein vorgestellt hatte? Ganz sicher nicht! Dazu war sie auch noch Pastorin - hatte ich nicht gedacht wir müssten so vielen Menschen wie möglich begegnen, die Gott noch nicht kennen?
Aber war es nicht das, was diese Frau genau in diesem Moment gebraucht hat? War es nicht das, wodurch Gott dieser begegnen wollte und ihr Liebe zeigen wollte?
Eine andere Begebenheit, die mir mehr über Gottes Herz für das Individuum aufzeigte, fand an einem Tag statt, an dem wir am Strand Lobpreis machten und mit Leuten redeten und beteten.

Ich selber redete kaum mit jemandem, und die Leuten schienen auch nicht sehr interessiert. Zweimal lief eine Frau an mir vorbei, welche mir ins Auge fiel, ich aber nicht den Mut hatte, sie anzusprechen. Eine Weile später wollten wir nach Hause gehen, aber die Frau ging mir in meinen Gedanken nach. Also entschied ich mich die Straße am Meer entlang zu laufen, auf welchem die Frau weglief um sie mit einem Freund zusammen zu suchen.
Wir liefen ca. eine halbe Stunde lang herum und ich bat Gott sie uns doch über den Weg laufen zu lassen, wenn er möchte, dass wir sie noch ansprechen. Als wir sie einfach nicht mehr trafen, suchten wir unseren Heimweg und liefen zurück. Doch plötzlich sah ich an einer Kreuzung eine Frau lang laufen, welche aussah wie die Frau, die wir suchten. Und tatsächlich - sie war es. Ich sprach sie an und unser Gespräch dauerte nur ca. fünf Minuten. Sie erzählte mir von einem Herzproblem, dass sie hatte und ich betete für sie und ihre Schmerzen. Sie sagte nichts davon, dass die Schmerzen besser wären, noch hatte ich das Gefühl, dass sie sehr interessiert an meinem Glauben wäre. Aber sie freute sich und verabschiedete sich.
Um ehrlich zu sein; hätte ich die Frau vorher angesprochen, als sie an mir vorbei lief und hätte sie dann nach fünf Minuten ohne, dass sie geheilt wurde oder sie sich bekehrt hat, wieder weglaufen sehen, wäre ich vermutlich mehr als enttäuscht gewesen.
Aber jetzt gerade in dem Moment wo sie weg lief, war ich einfach nur voller Freude! Ich hatte Gott gebeten, uns die Frau uns noch einmal über den Weg zu schicken, wenn Er möchte, dass wir mit ihr reden. Und bei aller Unwahrscheinlichkeit - er tat es! Er tat es, weil diese eine Frau ihm wichtig war! Es ging Ihm nicht darum, dass wir große Wunder tun und die Massen bekehren. In diesem Moment ging es einfach nur um diese alte Frau und darum, ihr durch uns in Liebe zu begegnen!
Immer wieder in der Zeit zuvor in Deutschland hatte Gott mir gezeigt, wie sehr er mich in seiner Liebe umwirbt und wie wertvoll ich Ihm bin. Auf dem Einsatz realisierte ich endlich, wie wertvoll Ihm auch jedes einzelne Individuum ist, dass uns in Spanien und Portugal begegnet; so wertvoll, dass er mein ganzes Geld nimmt, mich in andere Länder schickt, mich auch anstrengende Situationen durchleben lässt, nur um einer einzelnen Person zu begegnen!
Ich verstand; Es geht Gott nicht um Effizienz. Es geht Ihm um seine Kinder, die er geschaffen hat.

Heißt das jetzt, dass ich erwarte, dass wir alle hinaus in die Welt fliegen müssen um als Christen von Jesu Liebe zu berichten? Ganz sicher nicht! Aber wie wir "Missionar" in unserem alltäglichen Leben sein können ist nochmal ein ganz anderes spannendes Thema.
Was ich mit diesen vielen Worten ausdrücken möchte ist: Gott sieht das Individuum. Und um dieses zu erreichen, nimmt er jeden Preis in Kauf. Egal, wie groß der Aufwand, wie fern das Land, oder wie klein die Tat am Ende sein mag; Ihm ist es das alles Wert. Gottes Liebe ist verschwenderisch!
WIE ES WEITER GING...
Auch nach den oben beschriebenen Erlebnissen der letzen Jahre gab es immer wieder Situationen, in denen Gott mein Denken und Verständnis über Mission und Evangelisation ins Rütteln brachte. Nicht wenige Momente davon gab es während unseres letzten Missionseinsatzes in Deutschland, Vietnam und Kambodscha. (Mehr über den Einsatz erfährst du in meinen letzten zwei Newslettern (klick hier für: #1/2020 und #2/2020), in vieles nicht ganz nach Plan verlief...
In einer Zeit, in der nichts nach Plan verläuft, befand ich mich allerdings auch die letzten paar Monate, COVID-19 sei Dank... Von meinem Leben während Corona und wie es bald weitergehen wird, werde ich hoffentlich bald berichten.
Bis dahin freue ich mich aber auch über jede eurer Nachrichten und Rückfragen.
Auch falls ihr mehr über meine Arbeit und meine Vision wissen wollt oder ihr wissen wollt wie ihr mit mir partnern könnt, schreibt mir gerne!
Ich freue mich von euch zu hören
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